kultur | standort.bestimmung

„kultur | standort.bestimmung“ waren ein internationaler Kulturkongress und ein Kulturfestival in Leipzig. Sie fanden vom 21. bis 27. September 2015 statt.

Die Idee zum Projekt „kultur | standort.bestimmung“ entstand bereits 2013 in einem Workshop mit knapp 40 Teilnehmern der Initiative Leipzig + Kultur als ein Beitrag der freien Kulturszene zu den städtischen Festveranstaltungen zur Ersterwähnung Leipzigs vor 1000 Jahren.

Für uns war es geradezu zwingend, das Stadtjubiläum – wohlgemerkt der Kulturstadt Leipzig – als eine Chance für die Vertiefung des kulturpolitischen Diskurses zu begreifen und mit einem großen Gemeinschaftsprojekt der gesamten Szene sowohl deren Qualität und Vielfalt darzustellen als auch in einem Kongress grundlegende Fragen der Kulturpolitik und des Kulturbetriebes zu erörtern und über zukünftige Entwicklungen zu diskutieren.

Mit diesem Projekt sollte sich der Blick unserer bisherigen kulturpolitischen Arbeit noch einmal weiten und es sollte über den Tellerrand geschaut werden und eine kompetente, erfahrungsreiche und inspirierende Außensicht eingebracht werden. Gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung sowie nationalen und internationalen Experten aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik wollten wir uns intensiv mit den Wechselwirkungen zwischen Kultur und Gesellschaft im 21. Jahrhundert beschäftigen.

  • Welche Funktionen und welchen Stellenwert hat Kultur im gesellschaftlichen Leben europäischer Städte?
  • Wie reagiert Kultur auf gesellschaftliche Veränderungen bzw. welchen Einfluss kann Kultur hier nehmen? Als wesentliche Themenfelder wären zu nennen: die Krise der Demokratie; der demographische Wandel; die Flüchtlingsproblematik und die Entwicklung zu einer interkulturell handelnden Gesellschaft;
  • Entsprechen die vorhandenen Strukturen und Arbeitsweisen des Kulturbetriebes – insbesondere in der konservativen Trennung von Freier Szene und staatlichen Kultureinrichtungen – den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen?
  • Welche Voraussetzungen braucht Kultur, um optimal arbeiten und wirken zu können? Welche Formen der Unterstützung von Kulturarbeit, welche Instrumente und Verfahren öffentlicher Kulturförderung müssen gestärkt oder gänzlich neu entwickelt werden?
  • Wie kann die in der Politik oft bemühte und für eine funktionierende Gesellschaft tatsächlich essentielle, aktive Teilhabe dauerhaft gelingen? Und dadurch die Identifikation des Einzelnen mit der Gesellschaft, in der er lebt, durch dessen aktive Mitgestaltung stärken?

Ziel des Kongresses war es, gemeinsam mit unseren Teilnehmern und Gästen die Gegenwart zu erkennen und in die Zukunft zu schauen, Perspektiven zu eröffnen. Es ging um die Definition von nachhaltig wirksamen, sinnvollen Zielen, um effiziente Strukturen, transparentes Handeln, die Entwicklung neuer Netzwerke und dialogorientierte, partizipative Verfahren.

Diese Ansätze spiegeln wir in der Struktur des Kongresses, indem wir verschiedene Formate angeboten haben. Es gab zwei Foren: Ein Forum in der GfzK mit einer interaktiven Ausstellung von Schülerinnen und Schülern der Georg-Schumann-Oberschule. Unter dem Titel „Forum Zukunft | Kulturstadt Leipzig“ zeigten sie, wie sie sich die Kultur der Zukunft vorstellen und luden zur Diskussion darüber ein.

Zum anderen fand im Polnischen Institut mit dem „Forum Welt | Leipziger Kulturalumni“ eine interaktive multimediale Ausstellung statt mit Videobotschaften von Künstlern, die zwischen 1990 und 2015 in Leipzig gearbeitet haben und nun mit dem Abstand eines Lebens außerhalb unserer Stadt über ihre Erfahrungen berichten. Es wurden u. a. via Skype Live-Interviews geführt.

Dann fanden in der GfzK insgesamt 8 Podiumsveranstaltungen in unseren 4 Themenbereichen statt. Die Referenten befassten sich mit Begriffen wie Handlungsspielraum, Partizipation, Kooperation, Netzwerk und Kompetenz und diskutierten die Rollen und Potentiale der an der Kulturarbeit beteiligten Akteure – Kulturschaffende, Kulturverwaltung und Kulturpolitik.

Am letzten Tag fanden ganztägig Workshops in den 4 Themenbereichen der Vortage statt, in denen mit dem Input der Foren und Podien Handlungsempfehlungen für Kulturakteure und Entscheidungsträger entwickelt werden sollten.

Umrahmt wurde der Kongress von einem einwöchigen Festival der Freien Szene mit über 60 Veranstaltungen in ganz Leipzig. Sie gaben dem Publikum einen Einblick in die Stärken und Potentiale der Leipziger Kulturlandschaft und ermöglichten eine lebendige Reflexion der Kongressthemen. Dazu sollten insbesondere auch die 4 Eigenproduktionen des Festivals beitragen.

Wichtigstes Ziel des Kongresses war und ist die Online-Publikation, in der die Inhalte und Resultate des Kongresses zusammengestellt wurden und die nun im Internet frei für Jeden verfügbar ist. Die Online-Publikation umfasst:

Eine Zusammenfassung des Kongresses

  • inhaltliche Analysen und ausgearbeitete Ergebnisse der Podien
  • Bildtafeln des Graphic Recordings, eine besondere Form der Dokumentation

Handlungsempfehlungen

  • Beschreibung der drei Themen- bzw. Handlungsfelder: Stellenwert der Kultur, Kompetenzen und die Gestaltung der Rahmenbedingungen und kulturellen Praxis.
  • konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der zukünftigen Zusammenarbeit von Kulturschaffenden, Politik und Verwaltung

Archiv

  • Vollständige Videomitschnitte aller Podien
  • Katalog mit Best Practice Beispielen aus anderen Städten
  • Videobotschaften der Kulturalumni
  • Informationen zu den beteiligten Referenten

kultur | standort.bestimmung stellte den größten Beitrag der Freien Szene Leipzigs zum Jubiläumsjahr 2015 dar: Es sollte gefeiert werden, was die Stadt ausmacht, wofür sie steht. Dafür kooperierten der Ideengeber und Projektträger, die Initiative Leipzig + Kultur mit ihrem gleichnamigen Trägerverein, und die Stadt Leipzig miteinander. Unter größten Anstrengungen überzeugten wir die Stadt Leipzig von unserem Konzept, so förderte sie das Vorhaben zum größten Teil und ermöglichte, dass die Freie Szene ihr Konzept mit Leben füllen und in die Tat umzusetzen konnte. Dabei wurden die Organisatoren von zahlreichen Akteuren der Freien Szene und Partnern im In- und Ausland mit allen Kräften unterstützt.

kultur | standort.bestimmung war der erste internationale, spartenübergreifende Kongress in Deutschland, der von der freien Kulturszene initiiert und realisiert wurde. Mit über 40 internationalen Expert_innen aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Griechenland, Slowakei, Tschechien und Lettland sowie aus ganz Deutschland wurden Begriffe erörtert, Beispiele gesammelt und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Die mehr als 50 Teilnehmer_innen aus Wissenschaft, Freier Szene, Verwaltung und Politik brachten aus unterschiedlichen Hintergründen sehr vielfältiges Knowhow in die Diskussionen ein.

Das wichtigste Ziel des Kongresses ist mit der Publikation erreicht: Sie stellt die Diskussion aktueller Begriffe aus der kulturellen Praxis, gelungene Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen vor, welche die zukünftige Zusammenarbeit von Kulturschaffenden, Politik und Verwaltung verbessern können.