Am vergangenen Samstag erschien in der LVZ ein Artikel von Meinhard Michael, der sich mit dem derzeitigen Kulturbürgermeister, Michael Faber, beschäftigt. Nach Meinung der Initiative Leipzig plus Kultur erweckt dieser stark den Eindruck, das aktuell laufende Abwahlverfahren sei überwiegend das Resultat persönlicher Gegnerschaften und Intrigen und weniger die Konsequenz aus Fehlern in der Amtsführung.
Diese tendenziöse Sicht auf die Angelegenheit und die Faktenarmut des Beitrages irritieren insbesondere vor dem Hintergrund, dass Herr Michael am 7. Januar ein ausführliches Interview zu diesem Thema mit dem Sprecher unserer Initiative, Falk Elstermann, geführt hat. Im Verlaufe des 90minütigen Gespräches wurde ihm detailliert dargelegt, dass und warum die Freie Kulturszene mit der Amtsführung von Herrn Faber unzufrieden ist. Insbesondere wurden folgende vier Problemfelder benannt:
- Ungenügender Gestaltungswille: Michael Faber hat nichts für die Fortsetzung des Runden Tisches für Kultur getan. Dessen wichtige kulturpolitische Arbeit ruht nach wie vor.
- Fehlende Vernetzung: Michael Faber hat sich im September 2009, als der entsprechende Vorschlag aus dem Kreis der Kulturbetriebsleiter kam, entschieden gegen die Schaffung eines Kulturrates und die Aufnahme von Vertretern der Freien Szene ausgesprochen und damit die Fortsetzung und Qualifizierung der gemeinsamen Arbeit von Kulturverwaltung und Kulturmachern verhindert.
- Mangelnde Gesprächsbereitschaft: Mehrfach wurden Gesprächsbitten der Initiative Leipzig plus Kultur abgelehnt. Die letzte, vom September 2010 – wir wollten mit ihm noch vor der Haushaltsdebatte über Möglichkeiten der Umsetzung des Stadtratsbeschlusses zu den 5% für die Freie Szene unter den besonderen Bedingungen der städtischen Haushaltskonsolidierung und der drohenden Kürzung der Kulturraummittel sprechen – wurde unübertrefflich bürokratisch abgebügelt: Wenn wir Vorschläge zum Haushaltsplan der Stadt Leipzig hätten, so könnten wir diese schriftlich in das Verfahren einbringen. Überdies sei das Kulturamt für die Belange der Freien Szene zuständig. Er hat nie begriffen, dass seine Gestaltungskompetenz gefragt war und nicht die Verwaltungskompetenz des Kulturamtes.
- Und NICHT zuletzt: Der Verwaltungsvorschlag zur Förderung der Freien Szene im Jahr 2011 bleibt um über 850.000 Euro hinter dem Stadtratsbeschluss zurück. Damit will Michael Faber der Freien Leipziger Kultur mit mehr als 19% die größte Kürzung zumuten, die es jemals gegeben hat, denn die Budgetvorgabe stammt natürlich von ihm.
Eines ist ganz klar: Bei der Amtseinführung von Michael Faber sind schwerwiegende politische Fehler gemacht worden. An höchster Stelle und mit gewaltigem Schaden für unsere Stadt. Die Frage, vor der wir Leipziger im Moment stehen, ist doch aber: Soll weiterhin an einem Fehler festgehalten werden, weil die Trennung von einem Mann, der sein Amt nicht ausfüllt, seelische Härten beinhaltet oder einem ihr Stil missfällt? Oder sollte nicht vielmehr alles dafür getan werden, den Fehler zu korrigieren und einen starken Vertreter für die Leipziger Kultur zu finden, der Zukunftsvisionen einbringt, diese mit den Akteuren weiter entwickelt und im politischen Raum verankert?
Aus Sicht der Initiative Leipzig plus Kultur liegt in der gegenwärtigen Krisis auch eine große Chance für die Kulturlandschaft und die politische Kultur in unserer Stadt. Nach den Erfahrungen der letzten zweieinhalb Jahre ist es für uns unvorstellbar, dass in Leipzig das Amt des Kulturbürgermeisters wieder nach Parteienproporz vergeben werden könnte. Allen ist bewusst, dass es nur darum gehen kann, die bestgeeignete Person zu finden und für den Job zu gewinnen. Das zumindest sehen wir außerordentlich positiv.
Falk Elstermann