Leipzig hat eine neue Rahmenrichtlinie …

 02. Juni 2016 – von Falk Elstermann

… zur Vergabe von Zuwendungen der Stadt Leipzig an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen (Zuwendungsrichtlinie). Ein Wortungeheuer, das sich ungefähr so lang und holprig liest, wie der Prozess zur Neufassung gedauert hat bzw. verlaufen ist.

Als wir schon ganz tief in den Gesprächen mit Politik und Verwaltung zur seit 2011 geforderten Überarbeitung der Fachförderrichtlinie Kultur steckten, wurde der Stadtverwaltung 2014 plötzlich klar, dass es hier gar nicht weitergehen kann, denn erst einmal muss die Rahmenrichtlinie, das übergeordnete Papier, das die Regeln für die Fördermittelvergabe in allen kommunalen Bereichen festlegt, neu gefasst werden. Also schnell die Stifte aus der Hand gelegt und alle Blicke auf das Finanzdezernat gerichtet – von wo der Entwurf für die neue RRL zu erwarten war.

Das hat natürlich genervt, denn wir wollten mit unserer Kulturrichtlinie vorankommen, aber andererseits sind dies die Mühen der demokratischen Ebene und den Protagonisten von Leipzig + Kultur nicht unbekannt. Außerdem steckt in jedem neuen Verfahren auch eine Chance, die Chance, die Arbeitsbedingungen für Leipziger freie Künstler/-innen und Kulturinitiativen zu verbessern und das Maß unserer Mitbestimmung zu erweitern. Die wollten wir uns keinesfalls entgehen lassen und so übergaben wir schon im November desselben Jahres der Verwaltung eine Synopse zur alten RRL, die alle unsere Forderungen und konkrete, haushaltsrechtlich abgeprüfte Änderungsvorschläge enthielt. Was folgte waren unzählige intensive Diskussionen am Runden Tisch Freie Kultur, in denen wir den Politikern unsere Positionen erklärten und um Unterstützung warben.

Im Ergebnis dieser Gespräche wurden von verschiedenen Stadtratsfraktionen, teilweise sogar fraktionsübergreifend, zahlreiche Änderungsanträge zu den verschiedenen Entwurfsfassungen der Verwaltung eingereicht und in der Ratsversammlung verteidigt. Ein Prozess, der sich anderthalb Jahre hinzog. Aber wie heißt es doch so schön: „Was lange währt …“ Und auch wenn es auf der Zielgeraden noch zu einem Geschacher um den Grenzbetrag für einfache Verwendungsnachweise und die Möglichkeit der Belegprüfung vor Ort kam, so ist der letztlich erreichte Kompromiss doch ein Riesenschritt nach vorn – für alle freien Träger in unserer Stadt und damit natürlich auch für die Freie Leipziger Kulturszene.

An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei allen an dieser Arbeit beteiligten Kulturpolitikern bedanken, die uns mit großer Ausdauer angehört haben, sich von uns überzeugen ließen, selbst wichtige Ideen einbrachten und vor allem mit großem Engagement Mehrheiten im Stadtrat für die Anliegen der freien Träger gewannen!

Was bringt uns die neue, am 14.06.2016 beschlossene Rahmenrichtlinie aber nun konkret?

Da sie – wie der Name schon sagt – den (rechtlichen) Rahmen für alle Fachförderrichtlinien setzt, stellt sie vor allem die Weichen für die nun anstehende Überarbeitung der Fachförderrichtlinie Kultur und somit des Papiers, das die zukünftigen Arbeitsbedingungen freier Künstler/-innen und Kulturinitiativen sowie die Partizipation der Freien Szene an kulturpolitischen Entscheidungen und der Fördermittelvergabe grundlegend definiert.

Vielleicht kann sich noch der eine oder die andere erinnern, dass Leipzig + Kultur hierfür schon im Jahr 2012 ein sogenanntes Knackpunktepapier erarbeitet und in die Diskussionen mit Politik und Verwaltung eingebracht hat. Dieses kann man – in der aktuellsten Fassung, mit Analyse der neuen RRL – hier nachlesen: Knackpunkte FFRL mit Organigramm Unser Ziel war es, in einer übersichtlichen Gliederung all die Themen zu benennen, die für die Akteure der Freien Szene von Bedeutung sind und den unmittelbaren Bezug zu Festlegungen der FFRL und der RRL herzustellen.

Diese Systematik war dann auch die Grundlage für die umfangreichen und sehr konstruktiven Gespräche von Leipzig + Kultur mit den Stadträten zur RRL. In der hier nachzulesenden aktualisierten Fassung der Knackpunkte haben wir die ursprüngliche Auflistung aus dem Jahr 2012 neu gerankt und so die Schwerpunkte für unsere Verhandlungen definiert. Somit lässt sich auch das Ergebnis für die Freie Szene, das die neue RRL darstellt, sehr genau bestimmen:

In den wichtigsten drei Rubriken – FFRL als Steuerungsinstrument | Förderentscheidung fachlich qualifizieren und transparent gestalten |Förderverfahren, -rhythmus und -formen den Bedürfnissen angleichen – wurden ALLE Zielstellungen von Leipzig + Kultur erreicht. Das heißt, dass entweder in der RRL Festlegungen getroffen wurden, die unseren Anliegen entsprechen oder bestimmte Regelungen in den FFRL unabhängig von der RRL gesetzt werden können. Mit anderen Worten: In diesen drei Punkten haben wir die Möglichkeit, alle unsere Anliegen in der FFRL zu verankern.

Beim Thema Verwaltungsvereinfachung ist das Ergebnis differenzierter. Zwar konnten wir die Belegprüfung vor Ort bei größeren Trägern/Projekten nicht durchsetzen und die Grenze für den einfachen Verwendungsnachweis nur bis zu 15 T€ erweitern, aber gerade durch den zweiten Punkt verringert sich der Abrechnungsaufwand für weitere 20% der freien Träger. Somit können ab sofort ca. 83% aller Projekte mit dem einfachen Verwendungsnachweis abgerechnet werden, wie in der Auswertung der Zuwendungsempfänger noch einmal nachzulesen ist. Auch waren wir bei den wichtigen Forderungen nach der Festbetragsfinanzierung als zu bevorzugender Förderform, nach der Projektabrechnung von Mehrfachförderungen durch ein städtisches Amt und nach der Möglichkeit, Projektausgaben auch über den Jahreswechsel tätigen zu können, erfolgreich.
Die restlichen Knackpunkte sind entweder nicht Gegenstand einer RRL oder inhaltlich tatsächlich nachrangig.

Zusammenfassend muss man die neue RRL als ein famoses Ergebnis der Bemühungen von Leipzig + Kultur und des sehr konstruktiven und in der Ratsversammlung nachdrücklichen Einsatzes der Mitglieder des Fachausschusses Kultur einschätzen, das keiner (von uns) vorher so erwartet hätte. Damit haben wir exzellente Voraussetzungen für die Neufassung der Fachförderrichtlinie Kultur, ein Prozess, der nun Fahrt aufnehmen wird und vor der Sommerpause 2017 abgeschlossen werden soll.

Übrigens gelten die erweiterten Möglichkeiten, die die neue RRL offeriert schon im Förderverfahren für 2017, auch wenn die aktuelle FFRL in vielen Punkten dahinter zurück bleibt. Die RRL ist das höhere, rechtlich bindende Regelwerk für das Verwaltungshandeln einer Kommune. Also, genau lesen!

Dokumente zum Download:

FFRL Kultur_Knackpunkte mit Organigramm

Rahmenrichtlinie_Synopse von Leipzig + Kultur

Rahmenrichtlinie_ Beschlusslage 2016-06-14

Rahmenrichtlinie_Auswertung der Zuwendungsempfänger 2013