Erstes Treffen von Freier DaKu und Kabaretts im Kulturdezernat

 05. Februar 2018 – von Sebastian Weber

Am 18. Januar hatte Kulturbürgermeistern Dr. Skadi Jennicke Vertreter der Kabaretts und der freien Darstellende Künste zu einem Treffen ins Rathaus eingeladen, um über den strittigen Umstand zu sprechen, dass die Kabaretts eine quasi-institutionelle Förderung aus demselben Budget erhalten wie die Projekte der Szene. Es handelte sich bei dem Treffen um einen ersten Austausch und das Treffen wurde nicht offiziell protokolliert.

Ich habe aber die wichtigsten Punkte des Treffens in Gesprächsnotizen festgehalten und diese den anderen Teilnehmern der Runde zur Ergänzung oder Korrektur vorgelegt. Die korrigierte Version könnt Ihr als PDF herunterladen.

Anlass des Treffens

Auf dem Treffen ordnete Skadi Jennicke kurz den Zusammenhang ein: die Unzufriedenheit der Freien Szene mit der Förderung der Kabaretts aus den Mitteln der Projektförderung war in den vergangenen Jahren bereits thematisiert worden und kam u.a. im Rahmen der jüngsten Beiratsverhandlungen zur Vergabe der Förderprioritäten wieder neue Aktualität. Das Treffen soll die betroffenen Parteien erstmal an einen Tisch bringen und einen Austausch in Gang bringen.

Historischer Kontext

Frau Brodhun referierte kurz den historischen Kontext: 1992 hatte der Stadtrat den Übergang der Kabaretts in die freie Trägerschaft beschlossen und den Kabaretts academixer und Pfeffermühle dazu Fördermittel für eine Übergangszeit von drei Jahren gewährt. Begründung der Förderung war und ist nach wie vor, dass die besondere Form des Ensemblekabaretts erhalten werden soll.

Später wurde die Förderung der Kabaretts mit dem FA Kultur abgestimmt. Bis heute ist die Zahl der geförderten Kabaretts, aber nicht die Höhe der dafür reservierten Mittel gestiegen: die Gesamtsumme wird aktuell zu gleichen Teilen an die Kabaretts academixer, Pfeffermühle, Funzel, Sanftwut und Centralcabarett aufgeteilt, außerdem erhält die Lachmesse eine Projektförderung.

Anne-Cathrin Lessel und Anja-Christin Winkler bestätigen, dass der Fachbeirat sich kategorisch gegen eine pauschale Förderung der Kabaretts ausgesprochen hatte.

Position der Kabaretts

Die Vertreter der Kabaretts erläutern ihre Position, wonach es ein grundsätzliches Missverständnis ist zu glauben, die Kabaretts bekämen Geld aus einem Topf, der eigentlich für die freien Projekte gedacht sei. Stattdessen sei der Anteil, den die Kabaretts erhalten schon immer nur für die Kabaretts gedacht gewesen. Ein Anspruch der Freien Szene auf diesen Anteil des Budgets habe es folglich nie gegeben. Sollten die Fördertöpfe für Kabaretts und freie Projekte getrennt werden, so würden die Kabaretts „ihren“ Teil des Budget „mitnehmen“ und es sei keine finanzielle Verbesserung für die freien Projekte erreicht worden.

Die Vertreter der Kabaretts äußern gleichzeitig Verständnis für das Anliegen der Szenevertreter, die vermischten Budgets zu entwirren, weil dann die tatsächliche finanzielle Ausstattung der freien Projekte klarer erkennbar wäre.

Position der Szenevertreter

Die Vertreter*innen der Freien Szene vertreten gemeinsam die Position, dass die Produktionsweisen von Kabaretts und freien Produktionen so prinzipiell unterschiedlich seien, dass die Förderung aus demselben Topf nicht sinnvoll sei. Sie führen dazu folgende Argumente an:

  • Die freien Produktionen finanzieren sich zu 75% oder mehr aus öffentlichen Mitteln. In der Regel sind Zuschüsse mehrerer Institutionen nötig. Die städtische Förderung ist dabei oft Grundvoraussetzung für die Kofinanzierungen aus Land und Bund.
  • Eintrittseinnahmen spielen bei den freien Produktionen praktisch keine Rolle und sind aufgrund der vergleichsweise wenigen Auftritte und Zuschauer auch kaum zu akquirieren. Bei den Kabaretts hingegen macht die städtische Projektförderung nur einen kleinen Bruchteil aus, während z.B. das Kabarett academixer mehr Zuschauer pro Jahr anlockt als das Schauspielhaus. (Grundsätzlich scheinen die Kabaretts mit den Strukturen der Eigenbetriebe eher vergleichbar als mit den Produktionsweisen der freien Gruppen!)
  • Die freien Produktionen verfügen nicht über eine eigene Spielstätte.
  • Die freien Produktionen haben häufig keine dauerhaften Ensemblestrukturen.
  • Da es keine festen Ensemblestrukturen gibt und sich mehrjährige Förderungen noch nicht etablieren konnten, bleibt die Arbeit der freien Produktionsteams rein projektbezogen. Viele Produktionsteams wissen im Dezember nicht, ob es sie im März noch gibt.
  • Während die in einer Produktion engagierten Künstler mehrere Projekte pro Jahr machen müssen, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, können die künstlerischen Leiter in der Regel nur eine Produktion pro Förderzyklus umsetzen. Das Produktionsbudget entspricht somit faktisch dem Jahresetat.

Die Vertreter der Freien Szene betonen, dass sie sich nicht gegen eine städtische Förderung der Kabaretts aussprechen. Sie fordern aber, dass die Stadt die Verfahren und Budgets zur Förderung der Kabaretts von denen der freien Produktionen trennt. Die Tatsache, dass der Fachbeirat über die „Anträge“ der Kabaretts berate, obwohl diese ohnehin unabhängig vom Votum des Beirats gefördert werden, stoße allseits auf Unverständnis.

Außerdem betonen die Szenevertreter die aus ihrer Sicht extrem schlechte Förderquote, die aber nach außen hin besser zu sein scheint, weil sie durch die quasi-institutionelle Förderung der Kabaretts statistisch aufgebessert wird.

Ergebnisse und Handlungsansätze

Anne-Cathrin Lessel weist auf die Berliner Förderpraxis hin, wo die Kabaretts in einer eigenen Sparte „Unterhaltungstheater“ zusammengefasst sind.

Die Vertreterinnen des Kulturamts betonen, dass auch im Falle einer förmlichen Trennung der Fördertöpfe kein Zuwachs der Mittel für die freien Produktionen zu erwarten sei.

Konsens des Treffens ist, dass die Förderung der Kabaretts in der Realität einer institutionellen Förderung gleichkommt, ohne so benannt zu werden und dass das falsche Erwartungen zulässt. Hier wäre eine klarere Lösung wünschenswert.

Konsens ist auch, dass eine substanzielle Lösung nur in Zusammenarbeit mit dem Fachausschuss Kultur und dem Stadtrat erreicht werden kann, da die Direktive letzlich bei der Politik liegt.

Abschließend wird vereinbart, das Thema zum Gegenstand eines Runden Tisches zu machen. In der Vorbereitung sollen zunächst best-practice Beispiele aus anderen Städten gesammelt werden. Da das Kulturamt dafür aktuell keine Ressourcen hat, übernehmen die Vertreter der Freien Szene diese Zuarbeit. Der Runde Tisch wird dann zuletzt in einem gemeinsamen Treffen zwischen Kulturamt und Szenevertretern vorbereitet.

Eingeladen werden je ein oder zwei Vertreter der Kabaretts und der Freien Szene, Mitarbeiterinnen des Kulturamts, kulturpolitische Vertreter der Parteien und Skadi Jennicke. Die Einladung erfolgt durch die Initiative Leipzig + Kultur, ein Terminrahmen wurde nicht festgelegt.