Das Kulturamt hat den ersten Haushaltsentwurf für 2011 vorgelegt. Danach sollen für die Freie Kulturszene im nächsten Jahr nur 3,7 Mio Fördermittel bereitgestellt werden. Was bedeutet das?
Im Jahr 2010 bekommt die Freie Szene rund 4 Mio, das sind bei einem Kulturetat von 115,8 Mio rund 3,45%. Wir sind also (wenn man den Ärger mit den Reinwidmungen anderer Haushaltsstellen in unseren Topf – insgesamt 450 T€ – mal außen vor lässt) fast im Plan. Der sieht nach allgemeinem Verständnis des Stadtratsbeschlusses etwa so aus:
- 2008: 2,5% Foerderliste_KA_2008
- 2009: 3,0% Foerderliste_KA_2009
- 2010: 3,5% Foerderliste_KA_2010
- 2011: 4,0%
- 2012: 4,5%
- 2013: 5,0%
Für 2011 sieht der Haushaltsentwurf 3,7 Mio Fördermittel für die Freie Szene vor. Das sind bei einem Kulturetat von – nehmen wir das absolute Horrorszenario mit kompletter Kulturraumkürzung (-2,5 Mio) und städtischer Konsolidierung (-1 Mio) – 112,3 Mio rund 3,3%
Laut Stadtratsbeschluss hat die Freie Szene im Jahr 2011 Anspruch auf 4% = 4,49 Mio
Das heißt, die Verwaltung schlägt eine Kürzung der Fördermittel für die Freie Kulturszene gegenüber der politischen Beschlusslage in Höhe von mindestens 17,6% vor!
Nur mal zum Vergleich: Sollten die kompletten 2,5 Mio Kürzung aus der Novellierung des Kulturraumgesetzes bei den drei großen Eigenbetrieben ankommen, so würde das für diese eine Kürzung von ca. 70,3 Mio auf ca. 67,8 Mio – also um 3,6% – bedeuten.
Wieder einmal soll besonders die Frei Kulturszene für die Versäumnisse der Kulturverwaltung bei den schon lange anstehenden Strukturveränderungen bluten.
Die Initiative Leipzig + Kultur will ganz sicher keine Spaltung der Leipziger Kultur in Hoch- und Basiskultur, so wie das immer mal wieder seitens der Stadt und leider auch der Medien interpretiert wird. Im Gegenteil, wir nutzen alle Möglichkeiten, um gemeinsame kulturpolitische Positionen und Handlungen aller Kulturmacher dieser Stadt zu befördern – im Interesse der Kulturstadt Leipzig. Trotzdem haben wir jetzt diesen Vergleich angestellt. Nicht um zu spalten, sondern um zu zeigen, wie groß das Versagen der Verantwortlichen ist. Denn:
Wir alle wissen, dass die Kultur in den städtischen Eigenbetrieben aufgrund ihrer systemimmanenten strukturellen Defizite (das meine ich haushalterisch) in der bekannten Form nicht fortbestehen kann. Wer die (Hoch)kultur in dieser Stadt erhalten will, muss Entscheidungen treffen – Grundsatzentscheidungen. Welche Kulturangebote sollen weiterhin – mit öffentlichen Mitteln subventioniert – erhalten bleiben? Welche nicht? Welche effizienten Betreiberstrukturen und komplexen Finanzierungsmodelle sind einzuführen, um diese Zielstellungen NACHHALTIG zu untersetzen?
Dass dies – sehenden Auges – nicht getan wurde und nicht getan wird, ist schlichtweg verantwortungslos, es ist in der Konsequenz ein Verbrechen an der Leipziger Kultur. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob dies aus Faulheit oder Einfallslosigkeit geschieht. Was zählt ist das Ergebnis. Und das wird in weiteren konzeptlosen, hektischen Schließungen von Kultureinrichtungen (a la Naturkundemuseum) bestehen.
Und in der politisch ungerechtfertigten, überproportionalen Beschneidung der Freien Kulturszene.
Falk Elstermann